Es gelang mir nicht, verbindlich herauszufinden, ob die Zufahrt zur Gramai Alm noch möglich ist, oder nicht. Dass eine Maut zu zahlen wäre, war mir bekannt. Die Variante, das Bike mit zu nehmen, war kurz angedacht, wurde aber (leider) nicht umgesetzt. Blieb nur mehr, es „aufs grade Wohl“ an zu gehen. Ich war gegen 9:00 Uhr am großen (im Winter für Langläufer) Parkplatz. Es gibt zwei Fahrstraßen ins Tal, die rechte, war mit einem Fahrverbot „ausgenommen Zustelldienste“ (und das war ich ja nicht) versehen, die andere überhaupt mit einem Fahrverbotsschild für alle. Ich löste mein Parkticket um € 8 und begann eben zu Fuß ins Tal zu gehen. Bis zur Gramai Alm waren es etwa 8 km, das war in etwas über einer Stunde geschafft.
Was mir leider (aber nur am Morgen), das Gefühl gab, etwas falsch gemacht zu haben, war die Tatsache, dass ich einige PKW beobachtete, die offensichtlich das Fahrverbot ignorierten. Bei der Gramai Alm standen etwa 15 PKW (vom Kufsteiner, bis zu vielen Lieblingsnachbarn) die es vielleicht besser machten als ich. Ob der zusätzlich zu leistenden Kilometer war es doch unsicherer geworden, ob ich mein Ziel umsetzen werde.
Nach der Alm waren zuerst Weg- danach Höhenmeter zu leisten. Fast erschrak ich, als mich am Ende des Aufschwunges tatsächlich schon die Lamsenjochhütte anlachte.
Jetzt war es nicht mehr weit, bis zur ersten anspruchsvolleren Passage der Tour, einigen Kraxeleien und seilversicherten Stellen, bis hinauf zur Lamsenscharte.
Von dort wanderte ich über einen Schotterpfad hinauf zu den Felsen. Ich wusste gar nicht, dass von dort gleich wieder ein leichter Klettersteig zu bewältigen ist. Das hatte zur Folge, dass ich im Aufstieg von einzelnen versicherten Stellen ausging und das KS Set, das ich einpackte, um eventuell nur den Brudertunnel-KS zu begehen, nicht anzog.
Bald war ich am Gipfel und das junge Paar, das mich überholte, machte sich gerade bereit für den Abstieg. Ich tat es ihnen gleich und zog nun das KS Set doch vorsorglich an. Sicher ist sicher. Besser fühlte ich mich damit auch unten, das kurze Stück von der Scharte ins Schotterfeld hinunter.
Dann stolperte ich einige Schritte dem Weg entlang, den ich aber bald verließ, um etwa 150-200 Höhenemeter ein Schotterband abzufahren. Unten kam ich ohnehin wieder auf den Weg ins Tal. Ich hatte den ganzen Tag nie das Gefühl, Pause machen zu müssen. Auch Müdigkeit kam nie auf. Vielleicht war es den Glückshormonen geschuldet, dass ich fröhlich drauf los wanderte. An der Lamsenjochütte vorbei war der Weg bis zur Gramai Alm mit 1,5 h angeschrieben. Brauchte ich nicht einmal, nach einer guten Stunde war ich schon dort. Und das in Betracht gezogene Autostoppen hinaus zum Parkplatz, um mir 8 km Fußmarsch zu ersparen, war plötzlich aus dem Kopf verschwunden. Es war etwa 15:15 Uhr und ich war selig, einfach weiterwandern zu können. Natürlich hat mich auch der Ehrgeiz gepackt, die Runde „fair“ zu beenden. Was hat sich wohl die Gams gedacht, die mich seelenruhig beobachtete?
Schließlich kam ich gegen 16:40 Uhr beim Auto an. Es begann gerade, das Tageslicht langsam zu verschwinden. Jetzt war der Moment zu sagen: ALLES RICHTIG GEMACHT. Auf der „Weguhr“ hatten sich exakt 26,78 km angesammelt, was etwas „über Durchschnitt“ war. Aber ich nahm das gute Gefühl auf jedem einzelnen Meter mit in die nächste – anstrengende – Woche.
Christian, 9.11.24